11.4.07

Schleusern droht lange Haftstrafe

Vor dem Karlsruher Landgericht haben sich derzeit drei Angeklagte wegen des Tatvorwurfs des illegalen Einschleusens von Ausländern zu verantworten. Zwei der drei Angeklagten, die allesamt ein umfassendes Geständnis ablegten, stammen aus Friedrichshafen. Ihnen macht die Staatsanwaltschaft folgenden Vorwurf: Sie sollen in Manila ein Reisebüro als "Schleuser-Agentur" missbraucht haben. Ein 60-Jähriger vom Bodensee, der als Drahtzieher gilt und auf den Philippinen als "Mr. German" bekannt war, soll zwischen Januar 2005 und Juli vergangenen Jahres 32 Personen von Manila zunächst nach Deutschland und unmittelbar nach Ankunft in Frankfurt weiter nach Mailand geschleust haben. Das Strickmuster: Der Hauptbeschuldigte besorgte Reisepässe von Philippinen, die mit gültiger Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland leben. Dabei soll er laut Polizei nicht zimperlich gewesen sein und auch Gewalt angewendet haben. Die Reisepässe gab er an "Reisewillige" auf den Philippinen weiter und kassierte dafür im Gegenzug einige 1000 Euro. Dabei schaute er äußerst akribisch darauf, dass die illegalen Einwanderer - zumeist junge Frauen - den Photos auf den "geliehenen" Reisepässen ähnlich sahen. Manche der Philippinas mussten eine Diät machen, um dem Photo in den Dokumenten stärker zu ähneln und so erfolgreich durch die Passkontrolle zu gelangen. Die Aktivitäten der Schleuserbande - die offenbar regelrechte Wartelisten hatte - flogen schließlich auf, nachdem Beamte am Frankfurter Flughafen skeptisch wurden. Es folgten umfangreiche Telefonüberwachungen durch Behörden, welche die "Menschenhandel-Agentur" am Ende überführten.

Von einem Coup gegen den Menschenhandel sprach seinerzeit auch das Dezernat "Organisierte Kriminalität" des Polizeipräsidiums Karlsruhe bei der Verkündung des Fahndungserfolges vor rund neun Monaten. Auch zur Ausländerbehörde auf den Philippinen soll "Mr. German" beste Beziehungen gepflegt haben und auch dort mit Barem für günstige Voraussetzungen für seine Machenschaften gesorgt haben. Die Staatsanwaltschaft geht von einer hohen Dunkelziffer bei den Schleuservorgängen aus.

Bei Prozessauftakt vor der 4. Großen Strafkammer am Karlsruher Landgericht gerierte sich der 60-Jährige, der Mitte der 80er Jahre bei einer Firma in Singen Sicherheitsanlagen verkaufte, als eine Art Samariter. Die illegalen Einschleusungen seien lediglich "Familienzusammenführungen" gewesen, betonte er. Und: "Ich habe das Geld für meine Kinder auf den Philippinen gebraucht. Ich wollte ihnen eine gute Zukunft ermöglichen und so die teuren Privatschulen finanzieren. Ich habe dabei nie an mich gedacht und war einfach zu blauäugig", so der Familienvater, der sich vor Gericht äußerst redselig gab und die Taten in vollem Umfang einräumte. Eine weitere etwas seltsam anmutende Begründung für sein Tun lautete: "In Italien werden Philippinas als Haushaltshilfen und Krankenschwester sehr hoch angesehen. Deshalb haben wir sie nach Italien geschickt."

Der Hauptangeklagte soll in Südostasien, wo er lange lebte, Inhaber mehrerer Restaurants und Hotels sein, in Deutschland als Hartz-IV-Empfänger gemeldet sein. Unterstützt wurde er von einem 46-Jährigen aus Fischbach, der Fahrdienste für die Eingeschleusten und ähnliches übernahm. Der gelernte, vorbestrafte Monteur arbeitete zuletzt bei einem Industrieservice am Bodensee und gestand die Taten ebenfalls.

Die Dritte im Bunde, die gestern auf der Anklagebank des Karlsruher Landgerichts saß, war eine 35-jährige Philippinin, die im Landkreis Karlsruhe lebt und dort die Illegalen zeitweise unterbrachte. Der Vorsitzende Richter verlas gestern lange Telefonprotokolle der Beschuldigten. Dabei ging es vor allem um Geld und Risiken der Schleusung. Die Urteilsverkündung des Prozesses ist für Ende April vorgesehen. Dem Hauptangeklagten drohen bis zu zehn Jahre Haft.

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