30.3.07

Philippinen: Geiseldrama beendet

Unblutiges Ende eines Geiseldramas mit Schulkindern auf den Philippinen: Aus Protest gegen schlechte Bildungschancen, Armut und Korruption hat ein Kindergartenbesitzer am Mittwoch in der Hauptstadt Manila 30 seiner eigenen Schützlinge sowie vier Lehrer in einem Bus entführt.

Hunderte von Menschen waren am Tatort, viele von ihnen hielten aus Solidarität mit dem Anliegen des Geiselnehmers Armando "Jun" Ducat brennende Kerzen in der Hand. Am Abend ließ der Geiselnehmer nach zehn Stunden die Kinder unverletzt frei. Sicherheitskräfte entwaffneten Ducat und führten ihn ab.
Der über 60-Jährige, der für spektakuläre Protestaktionen stadtbekannt ist, hatte von der Regierung verlangt, dass 145 der von ihm betreuten Kinder eine Hochschulausbildung bekommen. Zudem solle die Regierung ihren Eltern bessere Unterkünfte zur Verfügung stellen. "Ich verstehe, dass er das für die Kinder getan hat", sagte Helen Pacheco, deren Enkel der Geiselnehmer nach drei Stunden wegen Fiebers freigelassen hatte. "Ich habe Angst um die Kinder, aber ich denke, dass Jun dies tut, damit die Behörden ihm zuhören", sagte sie.
"Wenn ich die Zusicherung bekomme, dass diese Kinder eine Erziehung erhalten, werde ich mich ergeben", hatte Ducat gesagt, nachdem er mit einem Komplizen die fünf bis sieben Jahre alten Kinder sowie vier Lehrer mit einer Handgranate und Schusswaffen in seine Gewalt gebracht hatte. "Ich möchte diesen Kindern nichts antun", sagte Ducat. "Ich liebe sie". Eltern der Kinder eilten zu dem Tatort. "Bitte lasst unsere Kinder frei", flehte eine der Mütter über Rundfunk die Geiselnehmer an. "Bitte wartet nicht, bis etwas Schlimmes passiert". Der Bus war Medien zufolge für einen Ausflug mit den Kindern angemietet worden.
Die Polizei umstellte den Bus an einer Hauptverkehrsstraße vor dem Rathaus von Manila. Ein Regierungsvertreter erklärte später, man halte dem Geiselnehmer seine Sorge um arme Kinder zu Gute. Man werde nichts unternehmen, was zu einer Eskalation der Lage führen könnte. Berichten zufolge sollen Ducat die Mittel für seine Kindertagesstätte in Manilas Slum-Viertel Tondo ausgehen. Sein Vater sei frustriert gewesen, jedes Jahr mit ansehen zu müssen, dass nur eine Hand voll Kinder, die abgingen, ihre Ausbildung fortsetzen können, sagte der Sohn des Geiselnehmers, der 36-jährige Buboy Ducat.
Laut Schätzungen leben auf den Philippinen 1,5 Millionen Jungen und Mädchen auf der Straße. Weit über die Hälfte aller Kinder kommt über die zweite Schulklasse nicht hinaus, weil Armut sie zur Arbeit zwingt. Das Geiseldrama werfe ein Schlaglicht auf die Notlage, in der die Menschen unter der Regierung von Präsidentin Gloria Macapagal Arroyo lebten, sagte eine ehemalige Senatorin. Zu so einem Vorfall könne es jederzeit wieder kommen, meinte sie.
Ducat hatte Ende der 80er Jahre schon einmal zwei Priester in Manila als Geiseln genommen, um gesellschaftliche Missstände anzuprangern. Die Priester sollen angeblich Mittel zum Bau einer Kirche abgezweigt haben. Damals benutzte Ducat Attrappen von Waffen. Später saß er dafür kurz in Haft. 1995 hatte er einen Hungerstreik "für das philippinische Volk" veranstaltet. Diesmal soll Ducat echte Sprengkörper bei sich gehabt haben. Der Senatsabgeordnete Ramon Revilla Junior war zu kurzen Verhandlungen in den Bus vorgelassen worden. Ducat wolle bis zum Abend warten, damit die Bürger mit Kerzen ihre Unterstützung für seine Anliegen zum Ausdruck bringen könnten.
Auch Radiojournalisten konnten mit Ducat und den Geiseln sprechen, wodurch seine Aktion die gewünschte Öffentlichkeitswirksamkeit bekam. "Die Regierung und Politiker müssen die Lage der Armen spüren, so dass sie nicht nur Versprechungen machen, Versprechungen, die ich gehört habe, die aber nie erfüllt wurden", klagte Ducat im Radio. Er war 2001 als Kandidat für die Parlamentswahl aus unbekanntem Grund ausgeschlossen worden.
Nach der Geiselnahme droht Ducat nun ein Strafverfahren. Er schätze Ducats Sorgen um die in Armut lebenden Kinder, sagte ein hoher Regierungsvertreter. "Aber er hat gegen das Gesetz verstoßen, und ich hoffe, er würde verstehen, dass es andere Wege gibt, sein Anliegen zu erreichen", sagte der Regierungsbeamte.

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